Schulscharfer Sozialindex – wie sieht es an den Klever Schulen aus?

Seit dem Schuljahr 2021/22 wird der Bedarf für die Schulsozialarbeit an den Schulen mit Hilfe des einheitlichen schulscharfen Sozialindexes berechnet. Die Herausforderungen an jeder einzelnen Schule können dabei sehr unterschiedlich sein. Gemäß dem Schulministerium NRW sollen mit diesem schulscharfen Sozialindex insbesondere den besonders hoch belasteten Schulen zusätzliche Ressourcen zugewiesen werden.

Die Landesregierung hat mit dem schulscharfen Sozialindex ein Instrument entwickelt, mit dessen Hilfe erstmals auch die einzelnen Schulen in Nordrhein-Westfalen mit besonderen sozialen Herausforderungen gezielter unterstützt werden können.

Sozialindex | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)

Der schulscharfe Sozialindex ist ein wichtiger Indikator für die Ermittlung des benötigten Bedarfs an Schulsozialarbeit. Zum Schuljahr 2021/22 wurde in Kleve (zusammen mit dem Jugendhilfeausschuss) am 17. 11.2021 die Bedarfsberechnung der benötigten Schulsozialarbeit auf den NRW-weit ermittelten schulscharfen Sozialindex umgestellt.

Die Berechnung der Indexstufen wird von der Ruhr-Uni Bochum nach der „Konstruktion des Sozialindex für Schulen von Jörg-Peter Schräpler & Sebastian Jeworutzki“ (Sozialindex für Schulen | Sozialwissenschaftliche Datenanalyse (ruhr-uni-bochum.de)) durchgeführt. Die aktuell in Kleve angewendeten Sozialindexstufen beruhen auf der Berechnung mit den amtlichen Daten vom Schuljahr 2018/19.

Für die Berechnung wird die soziale Zusammensetzung der Schüler:innen der Schulen über vier Indikatoren abgebildet:

  • Kinder und Jugendarmut
  • Anteil der SuS mit vorwiegend nichtdeutscher Familiensprache
  • Anteil der SuS mit eigenem Zuzug aus dem Ausland
  • Anteil der SuS mit den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache (LSE)

Auf Basis dieser vier Indikatoren wird für jede Schule in NRW jeweils eine (konfirmatorische) Faktorenanalyse durchgeführt und ein Faktormodell geschätzt. Für Primar- und Sekundarstufe gibt es zwei unterschiedliche Modelle.

Bei Grundschulen gibt es die Besonderheit, dass für Schulen des gemeinsamen Lernens (GL-Schulen) der Indikator für den schulspezifischen prozentualen Anteil an Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im LSE-Bereich mit dem Indikator für den Anteil an Schüler:innen in Armut an der Schule (SGB II-Quotendichte der Minderjährigen) multipliziert wird (Interaktionsindikator), um die doppelte Herausforderung durch eine Lage in sozial benachteiligten Quartieren und umfangreicheren Inklusionsaufgaben gerecht zu werden. Das bedeutet, dass diese Grundschulen, die bei beiden Indikatoren hohe Werte aufweisen, ein zusätzliches stärkeres Gewicht bei der Einstufung erhalten.

Mit Hilfe des Faktormodells und Berücksichtigung des Interaktionsindikators wird der Wert des Sozialindex für jede Schule bestimmt. Der Unterstützungsbedarf jeder einzelnen Schule wird dabei auf einer Skala 0 bis 100 abgebildet – dem Sozialindexwert. Anhand diesem wird die Schule in eine Indexstufe von 1 bis 9 eingestuft. Die Einstufung erfolgt dabei nicht prozentual. Je höher die Sozialindexstufe, desto höher ist der benötigte Unterstützungsbedarf an einer Schule.

Wie wird in Kleve die Sozialindexstufe in Stellenanteile (Beschäftigungsumfang) umgerechnet?

Gemäß Beschluss der Drucksache Nr. 273/XI des Jugendhilfeausschusses vom 17.11.2021 wird der Beschäftigungsumfang der Sozialarbeit an den Schulen je ermittelter Sozialindexstufe berechnet. Unter Einbeziehung aller Stellenanteile (angegeben in BU = Beschäftigungsumfang), die im Rahmen von etwaigen Matching-Verfahren eingesetzt werden oder aus Drittmitteln anteilig gefördert werden, wurde folgende Ausstattung je Schule als Zielwert festgelegt:

a) Sozialindexstufe 1 -> 25 % BU

b) Sozialindexstufe 2 -> 50 % BU

c) Sozialindexstufe 3 -> 50 % BU (Grundschulen -> 75 % BU)

d) Sozialindexstufe 4 oder höher -> 100 % BU

Aktuelle Verteilung des Beschäftigungsumfang der Sozialarbeit an den Grundschulen

Grundschule in Trägerschaft
der Stadt Kleve
Sozialindexstufe
aktuell
Zielwert gemäß
Drucksache
273/XI
Stellen
Landesdienst
Grundschule An den Linden5100%ca. 60%
Johanna-Sebus-Schule Rindern125%
Karl-Leisner-Schule5100%ca. 40%
Marienschule Materborn375%
Montessorischule250%
St. Michael Schule Reichswalde250%
Willibrordschule Kellen375%
Summe475%100%

Und für die Weiterführenden Schulen:

Mit der Drucksache Nr. 273/XI wurde am 17.11.2023 im Jugendhilfeausschuss beschlossen, dass der
zunächst befristete Beschäftigungsumfang der Sozialen Arbeit an den weiterführenden Schulen unbefristet
bei 300 % beibehalten wird (bis 2020 lag dieser bei 200 %).

Weiterführende Schulen in
Trägerschaft der Stadt Kleve
Sozialindexstufe
aktuell
Zielwert gemäß
Drucksache
273/XI
Stellen
Landesdienst
Gesamtschule Am Forstgarten350%200%
Joseph-Beuys Gesamtschule4100%
Freiherr-vom-Stein Gymnasium250%150%
Konrad-Adenauer Gymnasium350%
Karl-Kisters Realschule350%
Summe300%350%
Die aktuelle Verteilung ergibt einen Beschäftigungsumfang von insgesamt 3,0 Vollzeitstellen an fünf
Weiterführenden Schulen + 3,5 VZ-Stelle aus dem Landesdienst.

Die aktuelle Verteilung ergibt einen Beschäftigungsumfang von insgesamt 3,0 Vollzeitstellen an den fünf weiterführenden Schulen, zusätzlich sind noch 3,5 Vollzeitstellen aus dem Landesdienst verteilt. Befristet bis zum 31.12.2022 erhielten das Konrad-Adenauer Gymnasium und die Karl Kisters Realschule jeweils 25% zusätzliche Stellenanteile für die Schulsozialarbeit aus dem NRW-Landesprogramm „Aufholen nach Corona“. Auch diese befristeten Stellenanteile wurden nicht über den 31.12.2022 verlängert.

Neuberechnungen des schulscharfen Sozialindexes für Schulen in NRW zum Sj. 2024/5

In Kleve waren sich Eltern schon lange sicher: Der aktuell angewendete schulscharfe Sozialindex passt bei einigen Schulen nicht mehr zur Realität! Die letzte Berechnung basierte auf den amtlichen Daten des Schuljahres 2018/19. Seit dem gab es verschiedene maßgebliche Ereignisse, die den tatsächlichen Bedarf verändert haben (Corona-Pandemie, Kriege und dadurch höhere Migration).

Das Land NRW beauftragte das bekannte Team der Ruhr-Uni Bochum um Jörg-Peter Schräpler und Sebastian Jeworutzki mit der Neueinschätzung auf Basis der amtlichen Schuldaten aus 2022/23.
Die Parameter der konfirmatorischen Faktorenanalyse werden auf Grundlage der Schuldaten aus dem Schuljahr 2022/23 neu geschätzt. Auf Basis dieser Neuschätzung werden die Werte des Sozialindex je Schule bestimmt. Bei der Berechnung für die Grundschulen gab es keine größeren Veränderungen. Für die Indexermittlung der weiterführenden Schulen wurde die Berechnungsgrundlage angepasst:

  • Alt: Für die Gesamtschulen und Gymnasien wurden bei der Berechnung 2021 die gesamte Schülerschaft betrachtet und nicht zwischen Schüler:innen der Sekundarstufen I und II unterschieden. Dieses ergibt eine Fehlerquelle bei den Anteilen von Schüler:innen mit vorwiegend nichtdeutscher Familiensprache oder eigenem Zuzug aus dem Ausland, da bei einer Betrachtung über beide Stufen hinweg der Anteil entsprechend niedriger ist, als bei ausschließlicher Betrachtung der Sek. I.
  • Neu: Im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit den Schulformen ohne Sek. II und den vorliegenden selektiven Eintritt in die Oberstufe wurde die Berechnung des Schulsozialindex so angepasst, dass dieser nur auf Basis der Daten der Sek. I bestimmt wird.

Somit ergeben sich die neu berechneten Werten für die Grundschulen:

Grundschule in Trägerschaft
der Stadt Kleve
Sozialindexstufe
neu 2023
Grundschule An den Linden7
Johanna-Sebus-Schule Rindern1
Karl-Leisner-Schule7
Marienschule Materborn2
Montessorischule7
St. Michael Schule Reichswalde2
Willibrordschule Kellen4
Die Grundschulen „An den Linden“, „Karl-Leisner-Schule“ und „Montessorischule“ werden in der neuen Berechnung in die Sozialindexstufe 7 hochgestuft (GS An den Linden und GS Karl-Leisner von Stufe 5 auf 7 und die Montessorischule von 2 auf 7), die Marienschule in Materborn dagegen von Stufe 3 in 2 herabgestuft.

Die Neuberechnung hat zur Folge, dass vier der sieben Grundschulen einen Zielwert gemäß Beschluss der Drucksache 273/XI von 100% Beschäftigungsumfang haben, bisher war dies nur bei zwei Grundschulen der Fall. Dieses hat zur Folge, dass durch die Neueinstufung ein zusätzlicher Beschäftigungsumfang von mindestens 75 % notwendig ist, somit einen Gesamt-BU von 525 % + die Stelle im Landesdienst.

Zu berücksichtigen ist, dass bei einer GL-Schule bei der Berechnung der Sozialindexstufe die oben beschriebene doppelte Herausforderung durch eine Lage in sozial benachteiligten Quartieren und umfangreicheren Inklusionsaufgaben durch einen Interaktionsindikator abgebildet wird. Da ja – wie oben beschrieben – der Anteil an Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit dem Indikator für den Anteil an Schüler:innen in Armut an der Schule multipliziert wird. Dadurch erhalten Schulen, die bei beiden Indikatoren hohe Werte aufweisen, ein stärkeres Gewicht. Diese Höherstufung findet nur bei GL-Schulen statt. Auf der anderen Seite bedeutet dies, dass GL-Schulen ohne den Interaktionsindikator vermutlich in einer niedrigeren Sozialindexstufe eingestuft werden würden. Daher kann davon ausgegangen werden, dass Nicht-GL-Schulen mit einer identischen Sozialindexstufe vermutlich höhere Einzelwerte/Einstufungen bei den vier Indikatoren haben als GL-Schulen, da diese die Einstufung ohne den Interaktionsindikator bekommen.

Und für die Weiterführenden Schulen:

Weiterführende Schulen in
Trägerschaft der Stadt Kleve
Sozialindexstufe
neu 2023
Gesamtschule Am Forstgarten5
Joseph-Beuys Gesamtschule7
Freiherr-vom-Stein Gymnasium3
Konrad-Adenauer Gymnasium3
Karl-Kisters Realschule5
Die neue Verteilung ergibt eine Veränderung beim Beschäftigungsumfang von zusätzlich benötigen 1,0 Vollzeitstellen, somit einen Gesamt-Beschäftigungsumfang von 400 % plus die Stellen im Landesdienst.
An allen Schulen außer am Konrad-Adenauer-Gymnasium ist die Sozialindexstufe in der Neuberechnung gestiegen. An Joseph-Beuys-Gesamtschule von Stufe 4 auf 7 sowie an der Gesamtschule am Forstgarten und der Karl-Kisters-Realschule von Stufe 3 auf 5. Dies hat zur Folge, dass mit der Neuberechnung drei weiterführende Schulen einen Zielwert gemäß Beschluss der Drucksache 273/XI von 100% BU haben, bisher war dies nur bei der Joseph-Beuys-Gesamtschule der Fall.

Bei der Neuberechnung und somit der Neueinstufungen der Sozialindexstufen ist ein klarer Negativtrend zu erkennen, dieses wird durch Schräpler & Jeworutzki in den Zentralen Ergebnissen zur Evaluation des Schulsozialindex (Vorlage 18/1568 des Landtag NRW) bestätigt. Die Eltern in Kleve haben dieses schon lange geahnt.


Wir als Elterninitiative hoffen, dass die neuen Zahlen dazu führen, dass gehandelt und die Schulsozialarbeit an den Klever Schulen ausgeweitet wird.

Wie stehen die Schulen im Kreis Kleve im Vergleich da?

Die hier gezeigten Werte sind Mittelwerte aus den an den Orten vorhandenen Grundschulen.

Dazu auch der Vergleich zu den weiterführenden Schulen: